von Oberst Stephan zur Heiden

Den räumlichen Rahmen der St. Sebastianus Schützenbruderschaft vom hl. Hubertus bildeten bei ihrer Gründung 1882 die vier Ortschaften Delecke, Drüggelte, Westrich und Kettlersteich. Kettlersteich, unterhalb des ehemaligen Rittergutes und heutigen Hotels Haus Delecke östlich der Heve gelegen, wurde mit dem Aufstau der Möhnetalsperre ab 1912 aufgegeben und versank, wie auch große Teile des historischen Deleckes, im See. Hier lagen die Fischteiche der Grafen von Ketteler.

Delecke wurde 1191, Drüggelte 1217 und Westrich 1338 erstmals urkundlich erwähnt. Delecke bedeutet Siedlung in der „Delle“ oder „Diäle“, also im Tal gelegene Siedlung. In Drüggelte versammelten sich zu Pfingsten 1217 zahlreiche Ritter unter Führung des Grafen Gottfried II von Arnsberg und beabsichtigten, anschließend zu einem Kreuzzug ins Heilige Land aufzubrechen. Zumindest aus dieser Zeit stammt auch die bekannte Drüggelter Kapelle, deren Herkunft und Bedeutung noch heute zahlreiche Fragen aufwirft. Am Rande von Westrich unterhielt die Freigrafschaft Körbecke im Herrschaftsbereich der Grafen von Arnsberg eine zentrale Hinrichtungsstätte. Der Ort mit dem Namen „Galgenstacken“ ist heute noch als Lagebezeichnung geführt und befindet sich nordöstlich von Westrich am Haarstrang. Alle vier Ortschaften gehörten zum Amt Körbecke und blicken auf eine jahrhundertealte Geschichte zurück. In den heutigen Dörfern sind ca. 750 Einwohner gemeldet. Waren diese bis in die 80er Jahre des 20. Jahrhunderts noch  durch  zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe im Haupterwerb geprägt, so ist deren Zahl mittlerweile auf zwei geschrumpft. In Delecke beeinflussen heute die Gastronomie entlang der Linkstraße und der durch den Tourismus zu verkraftende Straßenverkehr das Ortsbild. Auf dem Weg zu mehr nachhaltigem Fremdenverkehr spielt ein ausgeprägtes Wander- und Radwegenetz eine zunehmend wichtige Rolle. Ein Campingplatz, ein Wohnmobilplatz und das benachbarte Strandbad mit neuerGastronomie bieten dem Stress geplagten Städter Erholung am und im See. Im Ortskern befindet sich ebenso eine Anlegestelle des Fahrgastschiffs „MS Möhnesee“. Das Soester Archigymnasium unterhält in Delecke ein Schullandheim. Neben der Schützenbruderschaft ist Delecke Heimat eines Freizeitsportvereins und zweier Segelclubs. Der im Ort ansässige Kindergarten wird durch den Trägerverein der Elterninitiative Kindergarten Lummerland geführt. Sehr aktiv im Dorf ist auch die Freiwillige Feuerwehr, deren Delecker Löschgruppe 1903 gegründet wurde und damit die älteste am Möhnesee ist.

Die St. Sebastianus Schützenbruderschaft vom hl. Hubertus Delecke-Drüggelte-Westrich wurde im Jahre 1882 neu gegründet. Zuvor gehörte man von alters her zur Günner Schützengesellschaft. Obwohl man damals dort die Mehrheit der Mitglieder stellte, konnte man sich nicht darauf verständigen, den Dorfnamen „Delecke“ in den Namen der Bruderschaft zu integrieren und das Schützenfest abwechselnd auch in Delecke zu feiern. Als weiteren Grund führten die Delecker Gründungsväter aus, es so auch den Müttern zu ermöglichen, das Fest zu besuchen, welche sonst aufgrund der für damalige Verhältnisse großen Entfernung zum Schützenplatz nur schwerlich teilnehmen konnten. Die Einwohner aus den Ortschaften Westrich und Kettlersteich unterstützen dieses Vorhaben ebenfalls und so wurde die „Vereinigte Delecker, Kettlersteicher und Westricher Schützengesellschaft“ mit Verabschiedung und Unterzeichnung der Statuten durch 75 Mitglieder am 26.02.1882 gegründet. Erster Oberst wurde August Schulte-Drüggelte.

Mit großem Enthusiasmus ging man daran, gleich im Gründungsjahr ein eigenes Schützenfest auf die Beine zu stellen. Die Damen der Bruderschaft unterstützten die Herren und führten zum Erwerb der ersten eigenen Fahne eine Haussammlung durch; die Anschaffung einer eigenen Vogelrute wurde bereits in der ersten Generalversammlung beschlossen. 1889 erfolgte dann bereits der Erwerb eines eigenen Grundstücks, um dort ein Gebäude für Bierkeller und Küche zu errichten.

Bei den ersten Schützenfesten nach Gründung war mit dem Eintrittspreis bereits der Bierkonsum abgegolten, was bei einigen Schützen zu ungezügelten Exzessen führte, welche bei einer auf Sitte, Moral und Benehmen ausgerichteten Veranstaltung fehl am Platze sind. Oberst August Schulte-Drüggelte setzte deshalb 1896 die Abschaffung des Freibierfestes durch. Als dieser 1898 aber nicht an der Generalversammlung teilnehmen konnte, machten die gewieften Schützen diesen Beschluss rückgängig und wollten so die Rückkehr zum Freibier ebnen. Letztendlich wurde dies aber durch Intervention des Majors Gottfried Wunsch nicht umgesetzt. Dieser löste dann auch Schulte-Drüggelte 1899 als Oberst ab.

Ebenfalls in die Zeit vor dem Talsperrenbau fielen die Bestrebungen der Bruderschaft, in Delecke den Bau einer eigenen Kirche zu initiieren. Man führte zahlreiche Geldsammlungen durch und stand bereits in Verhandlungen für ein geeignetes Grundstück. Dieses Vorhaben ließ sich letztendlich aber durch den Talsperrenbau nicht mehr realisieren. Die gesammelten Geldspenden wurden dann später, in den Inflationsjahren, wertlos.

Mit dem Beginn des Baus der Möhnetalsperre 1908 wurde die Bruderschaft gezwungen, ihren bisherigen Standort aufzugeben, da dieser wenige Jahre später im aufgestauten See versinken sollte. So kam man an den jetzigen Standort in exponierter Lage am Rande des Stausees an der Linkstraße. Mit großem Engagement der Schützen wurde in Eigeninitiative die Halle gebaut, die bis heute der Bruderschaft Heim und Mittelpunkt für die vielfältigen Aktivitäten und für die Bewohner von Delecke, Drüggelte und Westrich ein dorfübergreifender Treffpunkt ist. Im Juli 1913 erfolgte im Rahmen des Schützenfestes die feierliche Einweihung der neuen Halle. Dadurch, dass das historische Dorf Delecke sowie die Ortschaft Kettlersteich unwiederbringlich durch die Anlage des Sees verloren waren, bildete sich der Bereich um die Schützenhalle als neuer Dorfmittelpunkt heraus.

Noch bevor der 1. Weltkrieg begann und seinen verhängnisvollen Lauf nahm, übernahm Karl Röper aus Westrich in schwieriger Zeit die Führung der Schützen. Schützenfeste wurden in der Zeit von 1914 bis 1918 nicht gefeiert. Stattdessen wurde die Halle zur Unterbringung französischer Kriegsgefangener genutzt, welche nach Kriegsende aus Freude über den aus ihrer Sicht gewonnenen Krieg diese vollständig demolierten. Doch auch hier zeigten sich der große Zusammenhalt und das hohe Engagement der Schützen. Alle Schäden wurden bis zum Schützenfest 1919 beseitigt. Nachfolger von Oberst Carl Röper wurde 1924 der Delecker Dorfschullehrer Heinrich Strücker, welcher der Bruderschaft durch die schwierigen Jahre der Weltwirtschaftskrise und der Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten 41 Jahre lang bis 1965 vorstand. Aufgrund des 2. Weltkriegs wurde von 1940 bis 1944 kein Schützenfest gefeiert. Auch danach erlaubte die britische Besatzungsmacht erst 1948 wieder die Ausrichtung eines Schützenfests. Aufgrund des damaligen Schusswaffenverbots musste das Vogelschießen aber mit der Armbrust erfolgen. Erstes Nachkriegskönigspaar wurden der spätere Ehrenoberst Ferdi Grüne und Else Brügge. 1965 wurde Franz Gößmann zum Oberst gewählt. Während seiner Amtszeit wurde die bis heute gültige Anzugsordnung fürs Schützenfest (weiße Hose mit dunkler Jacke) eingeführt.

Leider verstarb Franz Gößmann früh während seiner zweiten Amtsperiode, sodass 1970 der damalige Hauptmann Ferdi Grüne aus Drüggelte die Leitung übernahm. In seiner Amtszeit wurden viele Veranstaltungen zur Förderung des Gemeinschaftswesens der drei Dörfer in den Jahreskalender aufgenommen. Bei zahlreichen Festen und Feiern wie Karneval, Kinderkarneval, Tanz in den Mai, Sommerfest, Kinderfest und Herbstfest traf und trifft das Dorf auf Einladung der Bruderschaft in der Schützenhalle zusammen. Besonders stimmungsvoll ist bis heute die Nikolausfeier, bei der der Hl. Mann mit Knecht Ruprecht in einem Boot in der Dämmerung über den See fährt und am Delecker Ufer von den zahlreichen Kindern ehrfurchtsvoll in Empfang genommen wird. Gemeinsam zieht man dann in die stimmungsvoll geschmückte Schützenhalle, wo es für die Kleinen, gutes Betragen vorausgesetzt, eine süße Belohnung gibt. Während der Amtszeit von Oberst Grüne wurden auch zahlreiche Bauprojekte an der in die Jahre gekommenen Schützenhalle durchgeführt. 1972 wurden die Toilettenanlagen erstmals grundlegend saniert. 1977 erfolgte der Einbau einer Heizung, die 1989 dann noch erweitert wurde. Mit all diesen Maßnahmen sollte die Halle attraktiv für private Feiern werden, um sich so eine neue, zukunftsträchtige Einnahmequelle zu erschließen.

1989 übernahm Oberst Bernhard Schladör die Delecker Schützen und führte das Sanierungsprogramm für Hof und Halle fort. Im Frühjahr 1989 wurden Küche und Speiseraum erneuert und verlagert. Der Thekenbereich wurde 1991 umgestaltet und erhielt eine festinstallierte Zapfanlage mit Kühlung. 1994 wurde das Dach neu eingedeckt. 1998 und 1999 widmete man sich verstärkt der Außenanlagen. Der Hof wurde gepflastert und die Zaunanlage samt Tor erneuert. In den Folgejahren wurde die Sitzfläche neu gestaltet sowie die komplette Heizungs- und Stromanlage auf den Stand der Technik gebracht.

Ein großer und wichtiger Verdienst Oberst Schladörs war die Bereinigung des Grundbuchs der Schützenbruderschaft. Im 2. Weltkrieg wurden Halle und Grundstück beschlagnahmt und gingen in NS-Eigentum über. Durch widrige Umstände wurde dieses nach Kriegsende nicht der Bruderschaft rückübertragen, sondern ging in den Besitz des Landes NRW über. Es wurde zwar 1953 ein Überlassungsvertrag zwischen dem Land NRW und der Bruderschaft geschlossen, aber zur Haftungsfreistellung wurde eine entsprechende Sicherungshypothek im Grundbuch notwendig und im ersten Rang eingetragen. Durch das große Engagement Oberst Schladörs konnte dann im Jahre 1999, 54 Jahre nach Ende des 2. Weltkriegs, auch die endgültige Löschung der Sicherungshypothek im Grundbuch des Hallengrundstücks erreicht werden, sodass die Bruderschaft ab da wieder vollumfänglich über Halle und Grundstück verfügen konnte.

Nach 18 Jahren als Adjutant unter Ferdi Grüne und 15 Jahren als Oberst wurde Bernhard Schladör 2004 zum Ehrenoberst ernannt und sein bisheriger Adjutant Ingolf Höcker zu seinem Nachfolger gewählt. Ebenfalls wurde in diesem Jahr als Ansporn für den Königsschuss ein Fonds eingeführt, in den die Schützen jährlich einzahlen und der zum Schützenfest an den neuen König ausgezahlt wird. Größere Umbaumaßnahmen erfolgten 2005, als die Toilettenanlage neu erbaut wurde. 2006 wurde die Satzung komplett überarbeitet und der Zeit angepasst. Insbesondere gehört der König nur noch in seiner Amtszeit dem Vorstand an und erwählt seine Königsoffiziere selbst.

Nachdem in all den Jahren durch unzählige Arbeitsstunden der Schützenbrüder Halle und Außenanlagen in einen sehr guten Zustand gebracht wurden, ging Oberst Höcker mit seinem Vorstand in die umfangreichen Planungen für das Jubelfest zum 125-jährigen Bestehen 2007. Doch es sollte anders kommen. Am 18.01.2007 fegte der Orkan Kyrill über Deutschland und fällte auf dem Hallengrundstück eine Kastanie, die das Dach im Sitzflächenbereich durchschlug und immense Schäden an der Halle anrichtete, die dann sehr umfangreiche Reparaturen erforderten. Doch auch diese zeitliche Herausforderung meisterte die Bruderschaft und man konnte unter zahlreicher Beteiligung der benachbarten und befreundeten Vereine und des Dorfes bei gutem Wetter am 17. und 18.08.2007 ein tolles Jubelfest in der Schützenhalle feiern.

In den folgenden Jahren wurden die Fenster und Türen des Speiseraumes und auch die Fenster über der Bühne erneuert. Ergänzend wurde mit vielen kleinen Schritten versucht, den Lärmschutz der Halle zu verbessern, um die Nachbarn bei Feierlichkeiten in der Halle vor Lärm zu schützen. Erstmalig wurde dann 2009 auch eine Webpräsenz geschaltet. Ebenfalls gelang es unter Oberst Höcker, einen Jungschützenzug zu etablieren, der seit 2010 seinen eigenen Jungschützenkönig ermittelt und zu einem tragenden Bestandteil der Bruderschaft geworden ist.

2013 übernahm Stephan zur Heiden den Vorsitz der Bruderschaft als Oberst und Ingolf Höcker wurde zum Ehrenoberst ernannt. Auch unter seiner Führung wird versucht, die Halle in ihrem guten Zustand zu halten und im Detail ständig zu verbessern, um sie weiterhin für öffentliche und private Veranstaltungen attraktiv zu halten. So wurde im Laufe der letzten Jahre die Beleuchtungsanlage der Halle auf moderne LED-Technik umgestellt und die Bühne umgebaut, um den heutigen Anforderungen von Bands gerecht zu werden. Ebenfalls wurde die Eingangstreppe zur Halle neu erstellt und eine neue repräsentative Königsgalerie in die Halle integriert.

Um die Attraktivität der Feste im Jahresverlauf auch zukünftig zu sichern, werden diese ständig an zeitgemäße Erfordernisse angepasst. So wurde 2020 erstmals der Sitzungskarneval der Dorfgemeinschaft zu einer attraktiven Karnevalsfeier mit einigen kurzweiligen Darbietungen und einer Kostümprämierung erfolgreich umgestaltet. 

Das Schützenfest wird neuerdings wieder, wie schon in den Anfangsjahren der Bruderschaft, am letzten Wochenende im Juni gefeiert. Begonnen wird freitags traditionell mit einem Gottesdienst in der Drüggelter Kapelle, bevor dann anschließend der Gefallenen gedacht und der Vogel für den zukünftigen König an der Vogelstange hochgezogen wird. Samstags wird das, am letzten Schützenfesttag im vorigen Jahr ermittelte, amtierende Königspaar abgeholt und vor der Halle eine große Parade abgehalten. Anschließend beginnt am Abend der große Festball. Nach dem gemeinsamen Frühstück am Sonntag geht es zum Vogelschießen auf den Delecker Sportplatz, um einen Nachfolger für das kommende Schützenjahr zu ermitteln. Musikalisch werden die Schützenzüge während des Festes seit 1948 durch den Spielmannszug der Freiwilligen Feuerwehr Körbecke und seit 1994 durch den Fanfarenzug Möhnesee begleitet. Unvergesslich ist es für jeden Schützenfestbesucher, an einem lauen Sommertag auf dem einmalig gelegenen Festplatz zu stehen, auf den See zu blicken, eventuell ein erfrischendes Glas Bier in der Hand zu halten und den Klängen dieser beiden Musikzüge zu lauschen.

Gleich im Gründungsjahr der Bruderschaft konnte trotz noch knapper Kassen die Anschaffung einer Fahne durch eine Haussammlung der Frauen sichergestellt werden. Diese Fahne überstand zwei Weltkriege und wurde erst 1962 durch eine Neuanschaffung anlässlich des 80-jährigen Bestehens ersetzt. Doch nach mehr als 40 Jahren nagte der Zahn der Zeit auch hier am Fahnensamt und 2006 wurde die Anschaffung einer dritten Fahne beschlossen. Die Finanzierung konnte durch eine Spendensammlung in den Dörfern gesichert werden und zum Jubiläumsfest 2007 wurde sie feierlich geweiht. Die Vorderseite trägt traditionell die Bekehrungsszene des hl. Hubertus. Auf der Rückseite werden Drüggelter Kapelle, die mehr als 100 Jahre alte Delecker Schützenhalle und der Bildstock aus Westrich, verbunden durch die im Krieg zerstörte erste Delecker Brücke, symbolhaft für die zur Bruderschaft gehörigen Ortschaften gezeigt. Alle Fahnen sind bis heute erhalten und werden bei wichtigen Festlichkeiten zusammen präsentiert.

Die St. Sebastianus Schützenbruderschaft vom hl. Hubertus Delecke-Drüggelte-Westrich 1882 ist Gründungsmitglied der Kreisgruppe Soest im Sauerländer Schützenbund. 1976 wurde erstmals ein Kreisschützenfest in Delecke gefeiert. Mit Wolfgang Knappstein 1973, Hubert Rech 1974, Manfred Hoppe 1978 und Andreas Wunsch 2005 konnten die Delecker viermal den Kreiskönig stellen. Bis heute besuchen die Schützen regelmäßig die Bundes- und Kreisschützenfeste und nehmen mit Abordnungen an den Festumzügen teil. Auch die Besuche der Europaschützenfeste sind in den letzten Jahren zum festen Bestandteil des Vereinslebens geworden.